Vereinigte Arabische Emirate im September 2025: Eine Moral in der Geschicht – die gibt es nicht
Lizenzartikel von Jürgen Dirrigl – Titelbild und alle nicht gekennzeichneten Bilder im Artikel : AMEPRES
Die ersten Sonnenstrahlen fallen durch das dünne Stofftuch, das Mariams Mutter vor das Fenster gehängt hat, um die Hitze ein wenig draußen zu halten. Die achtjährige Mariam liegt noch halb verschlafen auf der Matte, als der Muezzin ruft und ihre kleine Schwester neben ihr murmelt. Der Ventilator surrt leise, doch er bringt kaum Abkühlung. Mariam steht auf, streicht über das abgewetzte Cover ihres Schulheftes und zieht sich hastig an. Heute will sie pünktlich sein, weil ihre Klasse ein Projekt über die Zukunft des Landes vorstellt. Sie hat gestern Abend noch lange geübt, wie man das Wort „Atomkraftwerk“ richtig ausspricht, denn es soll Teil ihres Vortrags werden.
In der Küche duftet es nach frischem Brot, und der Vater sitzt mit dem Handy am Tisch. Sein Blick hängt an den Schlagzeilen über neue Flugzeuge, die bald in Dubai landen sollen, und über Schiffe, die im Roten Meer feststecken. „Es ändert sich so viel“, murmelt er, fast zu sich selbst, während er den Kaffee umrührt. Die Mutter stellt Mariam ein Glas Milch hin und erzählt, dass die Preise für Reis und Öl endlich nicht mehr so schnell steigen wie im letzten Jahr. Mariam hört nur mit halbem Ohr zu. Sie denkt an die Zeichnung, die sie gestern ins Heft geklebt hat: ein großes blaues Gebäude am Meer, das ihre Lehrerin „Barakah“ genannt hat.
Vor dem Klassenzimmer hängt ein Plakat: „Unsere Zukunft in den Emiraten“. Die Lehrerin hat jeden gebeten, etwas beizutragen. Mariam hält ihr Bild fest in der Hand. Es zeigt das Atomkraftwerk Barakah, so wie sie es sich ausgemalt hat, mit hohen Mauern, klaren Linien und den riesigen komischen Türmen. Sie hat es gemalt, weil ihre Lehrerin erklärt hat, dass dort Strom entsteht, ohne dass Rauch in den Himmel steigt. Und auch wenn sie schon gehört hat, dass so ein Kraftwerk gefährlich sein kann, ist es für sie ein Versprechen, dass der Himmel über ihrer Heimat eines Tages so blau bleibt, wie sie ihn sich in ihren Träumen ausmalt.
Die Emirate – Gegenwart und Entwicklung auf einen Blick
Wer in diesen Tagen durch die Emirate reist, spürt ein Land, das gleichermaßen von Sicherheit und von Stabilität geprägt ist. Auf den ersten Blick wirkt alles wie ein Bild des Wohlstands: neue Hochhäuser in Dubai, breite Straßen in Abu Dhabi, volle Hotels an den Küsten und junge Menschen, die mit ihren Smartphones durch klimatisierte Malls ziehen. Doch hinter dieser Oberfläche verbergen sich tiefgreifende Umbrüche. Die Emirate stehen Ende September 2025 an einem Punkt, an dem politische Konsolidierung, wirtschaftliche Dynamik und geopolitischer Druck eng ineinandergreifen.

Politisch haben die Emirate ihre Position in den letzten Jahren gefestigt. Der Präsident Sheikh Mohamed bin Zayed Al Nahyan gilt als unangefochtene Leitfigur, die den föderalen Verbund von sieben Emiraten zusammenhält. Unter seiner Führung hat das Land nicht nur außenpolitische Kontakte vertieft, sondern auch im Inneren klare Prioritäten gesetzt: Diversifizierung, Technologie, Investitionen in künstliche Intelligenz und ein Ausbau der Sicherheitsarchitektur. Diese politische Geschlossenheit bildet das Rückgrat des Systems, das nach außen Stabilität vermittelt, nach innen aber auch mit scharfen Gesetzen und Verfahren arbeitet.
Ökonomisch erleben die Emirate derzeit eine doppelte Realität. Auf der einen Seite florieren die Finanzplätze Dubai International Financial Centre (DIFC) in Dubai und Abu Dhabi Global Market (ADGM) in Abu Dhabi, die beide Rekorde bei der Zahl neuer Unternehmen verzeichnen. Internationale Hedgefonds, Family Offices und Vermögensverwalter siedeln sich an, angelockt durch die regulatorischen Erleichterungen nach der Streichung von der Financial Action Task Force (FATF)-Liste im Februar 2024 und der Entfernung von der EU-Hochrisikoliste im August 2025. Auf der anderen Seite bleibt die Abhängigkeit von Öl und Gas spürbar.
Gleichzeitig treibt die Regierung mit Nachdruck die Energiewende voran. Das Kernkraftwerk Barakah, das im September 2024 mit allen vier Reaktoren in Betrieb ging, liefert inzwischen einen erheblichen Anteil des Stroms. Parallel wächst das Portfolio von Masdar, das weltweit in Solar- und Windkraft-Projekte investiert. Mit der milliardenschweren Plattform ALTÉRRA positionieren sich die Emirate zusätzlich als globaler Investor in erneuerbare Energien. Dennoch bleibt das Land im Alltag stark von fossilen Energien abhängig.
Auch die Gesellschaft ist von Spannungen geprägt. Der Alltag vieler Menschen hat sich durch steigende Lebenshaltungskosten verändert, auch wenn sich die Inflation zuletzt verlangsamte. Arbeitsmarktinitiativen wie die verpflichtende Arbeitslosenversicherung Involuntary Loss of Employment (ILOE) oder die Ausweitung von Aufenthaltsgenehmigungen über das Golden Visa-Programm sollen Stabilität schaffen. Doch hinter dieser Modernisierung stehen sehr kritische Punkte: Arbeitsmigranten stellen heute rund 88 bis 90 Prozent der Gesamtbevölkerung der Emirate, und genau sie sind es, die trotz ihrer überwältigenden Mehrheit oft die schwächsten Rechte haben und die härtesten Bedingungen tragen. Den Reichen die ins Land kommen bietet man hingegen höchstmöglichen Schutz ihrer Vermögen und paradiesische Steuern.
Menschenrechtsorganisationen verweisen außerdem auf Massenverfahren, in denen Dutzende Angeklagte in diesem Frühjahr wegen vermeintlicher Bedrohung der Staatssicherheit pauschal verurteilt wurden.
All diese Entwicklungen zeigen, wie eng politische Stabilität, wirtschaftliche Dynamik, Energiepolitik, gesellschaftliche Kontrolle, außenpolitische Gratwanderung und Infrastrukturprojekte miteinander verwoben sind. Im Vorgehen der Emirate spielt Moral keine Rolle – Entscheidungen folgen fast immer der Logik von Geld, Macht und Image. Diese Gemengelage aus Entwicklungen und Entscheidungen wird nur verständlich, wenn man sie Schritt für Schritt in ihrer ganzen Tiefe betrachtet…
Die politische Struktur der Emirate – eine weltweite Ausnahme
Die Staatsform der Emirate ist eine föderale Monarchie mit präsidialer Spitze. Grundlage ist die Verfassung von 1971, mit der sich sieben Teilstaaten zusammenschlossen: Abu Dhabi, Dubai, Sharjah, Ajman, Umm al-Qaiwain, Ras al-Khaimah und Fujairah. Jeder dieser Teilstaaten hat einen eigenen Herrscher aus einer traditionsreichen Familie. Zusammen bilden sie den Bundesstaat, dessen Kompetenzen klar zwischen Union und Teilstaaten verteilt sind.

Das höchste Organ des Bundes ist der Oberste Rat der Herrscher. In ihm sitzen die sieben Herrscher der Emirate, und er entscheidet über alle Grundfragen des Staates. Dazu gehören Verfassungsänderungen, die Festlegung der großen politischen Linien und die Wahl des Präsidenten sowie des Vizepräsidenten. Der Rat verkörpert damit die föderale Spitze.
Der Präsident ist Staatsoberhaupt und wird nicht von den Bürgern gewählt, sondern vom Obersten Rat. Traditionell stellt Abu Dhabi den Präsidenten, derzeit Sheikh Mohamed bin Zayed Al Nahyan. Er bestimmt die Politik des Landes entscheidend mit. Ihm zur Seite steht der Vizepräsident und Premierminister, traditionell der Herrscher von Dubai – aktuell Sheikh Mohammed bin Rashid Al Maktoum.
Der Premierminister leitet den Ministerrat, also das Kabinett der Bundesregierung. Der Präsident ernennt die Minister, die vom Obersten Rat bestätigt werden. Dieses Kabinett ist für die laufenden Geschäfte zuständig: Es gestaltet Wirtschafts-, Energie- und Bildungspolitik, verantwortet die Sicherheit und setzt die Beschlüsse des Bundes um.
Ein Parlament im klassischen Sinn gibt es nicht. Stattdessen existiert der Bundesnationalrat (Federal National Council, FNC) mit 40 Mitgliedern. 20 Mitglieder werden von den Herrschern ernannt, die anderen 20 in einem eingeschränkten Wahlverfahren bestimmt, an dem nur von den Emiraten ausgewählte Bürger teilnehmen dürfen. Der FNC darf Gesetze beraten, Fragen stellen und Empfehlungen geben, hat aber keine volle Gesetzgebungs- oder Vetomacht.
Die Justiz ist zweigeteilt: Es gibt eine Bundesgerichtsbarkeit mit obersten Gerichten, daneben behalten einzelne Emirate – etwa Dubai und Ras al-Khaimah – eigene Gerichtssysteme. In den Verfahren greifen Zivilrecht, Handelsrecht und Familienrecht mit Elementen der Scharia ineinander, je nach Sachgebiet unterschiedlich gewichtet.
Oppositionelle Parteien sind verboten. Politische Organisationen, die außerhalb des Systems entstehen, sind nicht erlaubt. Politische Entscheidungen werden im Konsens der Herrscherfamilien getroffen. Ergänzend bestehen traditionelle Majlis-Formate, offene Versammlungen, in denen Bürger Anliegen vortragen können – doch die eigentliche Macht bleibt bei den Herrschern.
Im föderalen Alltag haben nicht alle Emirate gleiches Gewicht. Abu Dhabi trägt mit seinen Energieeinnahmen und seiner Rolle als Hauptstadt den größten Einfluss. Dubai ist durch Wirtschaft und Finanzmärkte zentral. Die kleineren Emirate – Sharjah, Ajman, Umm al-Qaiwain, Ras al-Khaimah und Fujairah – behalten ihre Autonomie bei lokalen Fragen, sichern aber durch ihre Stimmen im Obersten Rat die föderale Einheit. So entsteht ein System, das Stabilität verspricht, aber keine Opposition zulässt und Entscheidungen auf wenige Familien konzentriert.
Im Inneren des Landes regiert die Ordnung
Wer heute durch die Straßen von Dubai oder Abu Dhabi geht, spürt ein Land, das sich seit der Pandemie und den politischen Umbrüchen der letzten Jahre weiter verändert hat. Im September 2025 zeigt sich die innere Lage der Emirate als Mischung aus Stabilität, sichtbarer Modernisierung und tiefer gesellschaftlicher Kontrolle.
Die Bevölkerung ist in den letzten Jahren weiter gewachsen. Mit mehr als zehn Millionen Einwohnern, von denen knapp 90 Prozent Ausländer sind, steht das Land vor der Herausforderung, dieses Ungleichgewicht zu organisieren. Neu ist seit 2023 die stärkere Nutzung von Daueraufenthaltsgenehmigungen wie dem Golden Visa, das inzwischen in immer mehr Berufen vergeben wird. Damit reagieren die Herrscher auf den Druck, hochqualifizierte Fachkräfte dauerhaft zu binden und nicht nur über kurzfristige Arbeitsverträge an das Land zu binden. Gleichzeitig sind Regeln für die verpflichtende Arbeitslosenversicherung ILOE seit 2024 strenger geworden: Wer nicht einzahlt, riskiert hohe Geldstrafen. Das schafft mehr Sicherheit für Angestellte, bedeutet aber auch eine stärkere Kontrolle des Arbeitsmarkts.
Im Rechtssystem sind die letzten Jahre durch Reformen geprägt. Strafmilderungen bei einigen gesellschaftlichen Fragen – etwa beim Zusammenleben unverheirateter Paare oder beim Alkoholkonsum – sind eingeführt, doch die Kernpunkte der Kontrolle bleiben unverändert. Politische Kritik ist weiterhin riskant, wie der große Massenprozess im Frühjahr 2025 gezeigt hat, bei dem Dutzende Menschen wegen angeblicher Bedrohung der Staatssicherheit zu langen Haftstrafen verurteilt wurden. Internationale Organisationen sprachen von einem Rückschritt, die Regierung verteidigte das Vorgehen als notwendig. Das zeigt, wie eng gesellschaftliche Freiräume und politische Sicherheit im heutigen Alltag miteinander verknüpft sind.
Im sozialen Alltag haben steigende Lebenshaltungskosten die Stimmung verändert. Zwar ist die Inflation im Sommer 2025 nach Angaben der Zentralbank wieder unter drei Prozent gefallen, doch Mieten in Dubai und Abu Dhabi sind weiterhin hoch. Viele Ausländer – insbesondere aus Süd- und Südostasien – berichten von zunehmendem Druck, während wohlhabendere Migranten aus Europa und Nordamerika profitieren, weil sie über das Golden Visa und Unternehmensstrukturen mehr Rechte genießen. Für Emiratis selbst hat die Regierung zuletzt neue Subventionen auf Grundnahrungsmittel ausgeweitet und den Zugang zu staatlich gefördertem Wohnraum erleichtert, um die Bindung an den Staat zu stärken.
Die Verwaltung des Alltags ist digitaler geworden. Im Sommer 2025 startete Abu Dhabi eine Plattform, die mehr als 700 staatliche Dienstleistungen online bündelt – von Führerscheinverlängerungen bis zu Gerichtsterminen. Für viele Bürger und Expats bedeutet das weniger Behördengänge, zugleich aber auch eine noch stärkere staatliche Datensammlung. Kritiker im Ausland warnen vor umfassender Überwachung, während Bewohner im Land die Effizienz schätzen.
Die innere Sicherheit bleibt ein zentraler Wert. Im September 2025 gelten die Emirate als eines der sichersten Länder der Region, Kriminalität ist niedrig. Gleichzeitig wird die Überwachung sichtbarer: Seit den Angriffen auf Handelsschiffe im Roten Meer sind auch in den Städten mehr Polizeipräsenz und Kameras zu beobachten. Offizielle Stellen betonen, dass dies notwendig sei, um Stabilität im Inneren zu garantieren.

Die Überwachung in den Emiraten ist allgegenwärtig und geht weit über das hinaus, was man in den meisten europäischen Ländern kennt. Kameras sind flächendeckend installiert – an Straßen, in Einkaufszentren, an Flughäfen und selbst in Wohnanlagen. Dazu kommt eine intensive digitale Kontrolle. Behörden nutzen seit Jahren Software wie Pegasus und ähnliche Spionageprogramme, die von israelischen und europäischen Firmen entwickelt wurden, um Kommunikation zu überwachen. Offiziell wird dies mit Sicherheitsinteressen begründet, etwa dem Schutz vor Terrorismus. Tatsächlich aber reicht die Überwachung tief in den Alltag: Messenger-Dienste, soziale Netzwerke und Telefonate können protokolliert werden, kritische Posts führen nicht selten zu Vorladungen oder Festnahmen. Während westliche Staaten bei Überwachung zumindest rechtsstaatliche Kontrollmechanismen wie Gerichte oder Datenschutzbehörden haben, fehlen solche Schranken in den Emiraten weitgehend. Das Ergebnis ist ein Klima, in dem viele Menschen davon ausgehen müssen, dass jede ihrer Äußerungen beobachtet wird.
Gesellschaftlich stehen die Emirate 2025 zwischen Modernisierung und Kontrolle. Universitäten mit westlichen Partnern wachsen, Frauen sind in mehr öffentlichen Ämtern vertreten, und bei jungen Emiratis ist ein neues Selbstbewusstsein spürbar. Gleichzeitig bleibt das politische System geschlossen, Parteien sind verboten, Proteste nicht möglich. Diese Spannung bestimmt das Bild von innen: ein Alltag, der modern, geordnet und sicher erscheint, aber stets von engen Grenzen politischer Freiheit begleitet wird.
Motoren der Wirtschaft im Inneren
Die Wirtschaft der Emirate steht auf einem soliden Fundament, auch wenn sie weniger glänzt als in den Jahren hoher Ölpreise. Für jemanden, der keine Zahlenkolonnen liebt, lässt sich das so sagen: Die Emirate sind stabil, sie wachsen, aber sie müssen sich mehr anstrengen, um nicht zu sehr vom Öl abhängig zu bleiben.
Ein Blick auf die wichtigsten Kennzahlen macht das deutlich. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) – der Gesamtwert aller Güter und Dienstleistungen, die in einem Jahr im Land entstehen – ist 2024 um knapp vier Prozent gestiegen. Für 2025 rechnen Fachleute mit etwas weniger Schwung, aber immer noch mit einem Plus. Das ist ordentlich, vor allem in einer Region, in der Kriege, schwankende Ölpreise und internationale Krisen sonst oft Spuren hinterlassen.

Auch bei der Inflation, also der Entwicklung der Preise haben die Emirate zuletzt Boden gutgemacht. 2024 hatten viele Familien über steigende Kosten geklagt – Lebensmittel, Mieten und Dienstleistungen waren deutlich teurer geworden. Jetzt im Sommer 2025 liegt die Teuerung laut Zentralbank bei rund eineinhalb Prozent. Das heißt: Das Leben kostet immer noch etwas mehr, doch die Anstiege fallen etwas geringer aus. Nur bei den Wohnungen bleibt es angespannt, gerade in Dubai und Abu Dhabi. Wer dort nach einem Dach über dem Kopf sucht, muss weiter tief in die Tasche greifen.

Im Export erzielen die Emirate weiterhin ein deutliches Plus. Sie verkaufen Öl, Gas und viele Waren weiterhin auf maximalem Niveau ins Ausland und nehmen damit mehr Geld ein, als sie ausgeben. Diese Überschüsse erhöhen die Devisenreserven, also die Rücklagen in ausländischen Währungen. Damit könnten die Emirate notfalls monatelang Importe bezahlen. Solche Polster geben Sicherheit.
Eine besondere Rolle spielen die Finanzplätze. In Dubai gibt es das Dubai International Financial Centre (DIFC), eine Freizone mit eigenem Handelsrecht nach britischem Vorbild. Dort haben sich inzwischen über 7.000 Firmen angesiedelt – von Banken über Versicherungen bis zu Hedgefonds. In Abu Dhabi wächst parallel der Abu Dhabi Global Market (ADGM). Beide Zentren ziehen Geld und Fachkräfte aus aller Welt an. Fast 50.000 Menschen arbeiten mittlerweile dort. Für die Emirate ist das wichtig, weil es Einnahmen abseits des Öls bringt.
Dass dieser Aufschwung möglich war, hängt auch mit zwei politischen Entscheidungen zusammen. Im Februar 2024 strich die Financial Action Task Force (FATF) die Emirate von ihrer Liste für Hochrisikoländer. Diese Arbeitsgruppe prüft weltweit, wie Staaten gegen Geldwäsche vorgehen. Wer auf der Liste steht, verliert Vertrauen bei Banken. Dass die Emirate gestrichen wurden, öffnete Türen für neue Investoren. Im August 2025 folgte der nächste Schritt: Auch die Europäische Union nahm das Land von ihrer eigenen Risikoliste. Seither ist es für Banken und Fonds leichter, dort Geschäfte abzuwickeln.
Doch der Ölpreis bleibt der Taktgeber. „Brent“ heißt die wichtigste internationale Ölsorte, deren Preis als Maßstab gilt. Im September 2025 liegt er im Bereich von 60 bis 65 US-Dollar pro Fass. Ein Fass, im Englischen „Barrel“ genannt, entspricht 159 Litern. In den Hochzeiten vergangener Jahre lag der Preis deutlich höher. Für die Emirate bedeutet das: Die Kassen sind gefüllt, aber nicht übervoll. Investitionsprojekte laufen weiter, doch der Spielraum für neue Vorhaben ist kleiner als in Hochpreisphasen.

Treiber jenseits des Öls gibt es. Der Tourismus ist einer der wichtigsten nicht-ölbasierten Wirtschaftszweige. Besonders Dubai hat sich mit Wahrzeichen wie dem Burj Khalifa, riesigen Einkaufszentren, Stränden und Events wie der Expo 2020 zu einem globalen Reiseziel entwickelt. 2024 besuchten nach offiziellen Angaben über 17 Millionen internationale Gäste die Stadt – ein Rekordwert, der den Vorkrisenstand von 2019 übertraf. Auch Abu Dhabi investiert in Kultur- und Freizeitinfrastruktur, vom Louvre Abu Dhabi bis zu Formel-1-Rennen. Kritiker merken an, dass das Modell stark auf Luxus und Massenveranstaltungen ausgerichtet ist und damit anfällig für globale Krisen bleibt.
Die Nachfrage nach Dienstleistungen, vom Einzelhandel bis zur Gastronomie, bleibt hoch. Gleichzeitig zeigt sich ein Muster: Während wohlhabende Kunden aus Europa und Nordamerika die Premium-Angebote nutzen, müssen viele Migranten aus Südasien und Afrika genauer rechnen, weil die hohen Mieten und Lebenshaltungskosten sie stärker treffen.
Ergo: Ein konjunkturell robustes Jahr ohne Überhitzung: Die Finanzplätze ziehen Kapital und Talente an, die Preisdynamik beruhigt sich, und die außenwirtschaftlichen Puffer bleiben stark. Gleichzeitig erhöht ein weicherer Ölpreis den Druck, die Diversifizierung weiterzuziehen.
Klimawandel im Alltag der Wüste
Die Emirate spüren den Klimawandel unmittelbar. Sommerhitze mit Werten deutlich über 45 Grad Celsius ist längst normal, und die Zahl extrem heißer Tage hat stark zugenommen. Offizielle Klimadaten nennen für das Jahr 2014 bereits rund 179 Tage, an denen die Höchsttemperatur 35 Grad überschritt – also fast ein halbes Jahr. Projektionen gehen von knapp 200 solcher Tage bis zur Mitte des Jahrhunderts aus. Heute gilt schon eine Hitzewelle mit mehr als 50 Grad, wie sie 2025 mehrfach im Landesinneren gemessen wurde, nicht mehr als Ausnahme, sondern als wiederkehrende Realität. Für Menschen, die draußen arbeiten, wird jede zusätzliche Stunde zur Gesundheitsfrage; darum sind in den heißesten Wochen mittägliche Arbeitspausen behördlich vorgeschrieben.
Besonders sichtbar ist das in Dubai und Abu Dhabi. Dort verstärkt der Hitzeinsel-Effekt die Temperaturen: Messreihen für Dubai zeigen nachts einen durchschnittlichen Stadt-Umland-Unterschied von rund 3 Grad Celsius; insgesamt liegt die Lufttemperatur in der Stadt im Mittel gut ein Grad über dem Umland. Diese anhaltende Wärme hält Fassaden und Straßen heiß und treibt den Stromverbrauch nach oben, besonders am Abend. Entscheidend ist dabei die Kühlung: In Dubai wird etwa die Hälfte des Stroms direkt oder indirekt für Klimaanlagen benötigt – ein Kreislauf, der sich mit jedem zusätzlichen Hitzetag verstärkt.
Wasser ist die zweite große Achse der Verwundbarkeit. Weil die Emirate kaum Süßwasserquellen haben, stammt ein großer Teil der Versorgung aus Entsalzung. Offizielle Übersichten setzen den Anteil bei rund 42 Prozent der gesamten Wassernachfrage. Das sichert Versorgung, bindet aber dauerhaft Energie und Emissionen. Zugleich zeigte der Rekordregen im April 2024, wie sich das Risikobild verschiebt: In kurzer Zeit fielen mancherorts bis zu 250 Millimeter Niederschlag innerhalb von 24 Stunden – mehr als sonst in einem ganzen Jahr. Überflutung statt Dürre war die Folge. Fachstellen betonten anschließend, die Wolkenimpfung spiele dabei keine ursächliche Rolle; ausschlaggebend waren großräumige Wetterlagen mit ungewöhnlich feuchter Luft über den Emiraten.
An der Küste rückt das Meer langsam näher. Pegelanalysen im Arabischen Golf weisen für die Gewässer vor den Emiraten einen Meeresspiegelanstieg von rund 4 Millimetern pro Jahr aus. Das ist relevant, weil ein sehr großer Teil der Bevölkerung und der kritischen Infrastruktur in Küstennähe liegt – von Industrieanlagen über Wohnviertel bis zu touristischen Projekten und künstlichen Inseln. Unter Wasser verschärfen marine Hitzewellen die Lage zusätzlich: 2024 wurde an mehreren Abschnitten der Emirate eine massive Korallenbleiche dokumentiert, stellenweise fast vollständig. Das schwächt Küstenschutzfunktionen, beeinträchtigt Lebensräume und trifft den Tauch-Tourismus.
Auch die Luft bleibt nicht verschont. Sand- und Staubereignisse treffen die Emirate in Schüben, verschlechtern kurzfristig die Luftqualität und Sicht und dämpfen den Ertrag von Solaranlagen. Ursache sind veränderte Bodenfeuchte, Landnutzung und aufeinanderfolgende Trockenphasen in der weiteren Region – Effekte, die sich im Inland und entlang der Küste unterschiedlich bemerkbar machen.
Im Ergebnis wächst der Anpassungsdruck auf die gebaute Umwelt: Drainage-Kapazitäten in Städten müssen auf Starkregen ausgelegt werden; gleichzeitig verlangt der wachsende Kühlbedarf nach effizienteren Gebäuden und Netzen, damit Lastspitzen nicht jedes Jahr steigen. Die „Wasser-Energie-Kopplung“ – Entsalzung braucht Strom, mehr Kühlung erhöht den Strombedarf – wird damit zur zentralen Klimarisikofrage, die Planung und Investitionen steuert.
Diese Fakten bilden den Boden, auf dem Klimapolitik und Maßnahmen zur Emissionsminderung im Land bestehen müssen: kühlere, schattige Städte, widerstandsfähige Küsten, robuste Netze und sparsamer Umgang mit Wasser und Energie. Genau daran werden Strategien und Projekte in den Emiraten gemessen.
Klimaziele im Schatten der Ölförderung
Die Emirate stehen heute vor einer doppelten Herausforderung: Sie gehören zu den größten Erdöl– und Erdgasproduzenten der Welt und haben sich gleichzeitig verpflichtet, in wenigen Jahrzehnten klimaneutral zu werden. Für ein Land, das jahrzehntelang fast ausschließlich auf fossile Einnahmen gebaut hat, ist das ein Balanceakt zwischen Tradition und Zukunft.
Im internationalen Rahmen haben die Emirate 2021 angekündigt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Sie waren damit das erste Land im Nahen Osten mit einem solchen Versprechen. Auf Klimakonferenzen, zuletzt beim Weltklimagipfel in Dubai 2023 (COP28), traten sie als Gastgeber und Befürworter globaler Klimaziele auf. Kritiker warfen ihnen dort allerdings vor, weiter massiv in Öl und Gas zu investieren. Die Regierung betonte hingegen, dass gerade ein rohstoffreiches Land Verantwortung übernehmen müsse.
Ein Blick in den Strommix zeigt die Spannungen zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Noch vor zehn Jahren stammte fast der gesamte Strom aus Erdgas. Heute haben die Emirate zwar begonnen, andere Quellen einzubinden, doch das Bild bleibt schief: Das Barakah-Atomkraftwerk liefert seit 2024 mit vier Reaktoren mehr als ein Viertel des Stroms. Die staatliche Energiegesellschaft Masdar hat in gewaltige Solarfarmen investiert, doch trotz tausender Sonnenstunden im Jahr macht Solarenergie erst rund neun Prozent des Mixes aus. Für ein Land mit solchen natürlichen Voraussetzungen wirkt dieser Anteil ernüchternd. Zwar wächst die Kapazität jedes Jahr weiter, doch noch immer bleibt Gas mit rund zwei Dritteln die dominante Quelle, weil es flexibel einsetzbar ist. Windkraft spielt kaum eine Rolle, auch wenn Projekte angekündigt sind. So zeigt der Mix: Die Emirate haben begonnen umzusteuern, doch der Weg zur echten Energiewende ist noch lang.

Für die Emirate ist das Atomkraftwerk Barakah nicht nur eine Energiequelle, sondern auch ein politisches Signal. Doch so sehr es die Zahlen im Strommix verändert, so sehr wirft es auch Fragen auf. Atomenergie gilt weltweit als umstritten. Viele europäische Staaten haben nach der Katastrophe von Fukushima 2011 den Ausstieg beschlossen, weil sie das Risiko für zu hoch hielten. Auch wenn die Emirate betonen, auf modernste Technik zu setzen, bleibt die Gefahr bestehen: Reaktoren sind anfällig für Unfälle, und die Frage der Endlagerung des radioaktiven Mülls ist ungelöst. Für ein Land, das ein sicheres Image aufbauen will, wirkt die Rückkehr zu dieser Technologie wie ein riskanter Schritt. Die Regierung verkauft Barakah als Weg zur Klimaneutralität, doch Kritiker sehen darin eher ein Verschieben der Risiken auf die nächste Generation.
Auch beim Verkehr bewegt sich das Land. Die nationale Bahn Etihad Rail soll ab 2026 erstmals Passagiere befördern und damit eine Alternative zu Autos und Flugzeugen bieten. Schon jetzt transportiert sie Güter quer durchs Land. Gleichzeitig investieren die Emirate in Ladeinfrastruktur für Elektroautos. In Dubai und Abu Dhabi wurden in den letzten zwei Jahren Hunderte neue Ladestationen eröffnet. Das Ziel: mehr Menschen sollen Strom statt Benzin tanken.
Die Entwicklung der Elektromobilität wirkt allerdings bescheiden, wenn man sie mit anderen Regionen der Welt vergleicht. 2024 wurden rund 20.000 neue Elektroautos zugelassen, 2025 liegt die Zahl bei über 30.000. Das klingt auf den ersten Blick nach Fortschritt, doch im Verhältnis zum gesamten Fahrzeugbestand ist das kaum relevant. Elektroautos erreichen nicht einmal einen zweistelligen Prozentsatz an den Neuzulassungen. Zum Vergleich: In Europa liegt der Durchschnitt inzwischen deutlich über 20 Prozent. Vor diesem Hintergrund erscheint die Entwicklung in den Emiraten langsam, fast zögerlich. Förderungen wie Steuervergünstigungen, kostenlose Parkplätze oder die Nutzung von Busspuren haben den Markt zwar belebt, doch sie reichen nicht aus, um einen echten Umbruch einzuleiten. Noch immer dominieren SUVs und Benziner die Straßen – ein Bild, das kaum zu den ambitionierten Klimazielen passt.
Doch die Realität zeigt, dass der Umbau Zeit braucht. Noch immer sind die Straßen von großen Geländewagen und Benzinern dominiert. Elektroautos werden stärker gefördert, doch ihr Anteil am Gesamtverkehr bleibt überschaubar. Die Bahnprojekte sind ambitioniert, aber nicht alle Abschnitte fertiggestellt.

Parallel dazu zeigen sich Lücken bei den Maßnahmen, die für eine echte Anpassung an den Klimawandel nötig wären. Kühlere, schattige Städte entstehen nur zögerlich. Ein Beispiel dafür ist Masdar City in Abu Dhabi, das seit 2008 als Modell für nachhaltige Stadtentwicklung gilt. Dort wurden enge Straßenschluchten gebaut, die den Wind besser lenken, dazu begrünte Dächer, überdachte Fußwege und eine Architektur, die die Hitze möglichst gering halten soll. Ziel war eine nahezu klimaneutrale Stadt, die mit erneuerbaren Energien funktioniert und Bewohnern auch in den heißesten Monaten angenehmere Bedingungen bietet. In der Realität ist bisher nur ein Teil dieser Vision umgesetzt: Einige der klimafreundlichen Gebäude stehen, Firmen aus dem Energiebereich haben sich angesiedelt, doch die Stadt ist weit kleiner geblieben als ursprünglich geplant. Masdar City zeigt damit, dass Konzepte vorhanden sind, sie aber bislang eher Insellösungen bleiben. Darüber hinaus gibt es weitere Projekte wie Expo City in Dubai oder kleinere nachhaltige Wohnviertel, doch sie ändern noch wenig am Gesamtbild der großen, weiterhin glas- und betonlastigen Neubauten.
Auch bei den Küsten ist das Bild widersprüchlich. Auf der einen Seite warnen Experten seit Jahren, dass der steigende Meeresspiegel die dicht besiedelten Golfküsten bedroht. Auf der anderen Seite treiben die Emirate den Bau künstlicher Inseln wie den Palm-Projekten in Dubai weiter voran. Diese Bauwerke sind anfällig für Sturmfluten und verstärken die Verwundbarkeit, anstatt sie zu verringern.

Beim Thema Netze investieren die Emirate zwar in intelligente Stromnetze, die Lasten besser verteilen sollen, doch die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern bleibt hoch. Während im Ausland große Summen aus Fonds wie ALTÉRRA in Wind- und Solarprojekte fließen, hinkt der Ausbau der heimischen Infrastruktur hinterher.
Und auch der Umgang mit Wasser zeigt die Spannungen zwischen Anspruch und Realität. Der Pro-Kopf-Verbrauch gehört zu den höchsten weltweit, gleichzeitig ist die Entsalzung extrem energieintensiv. Programme zur Einsparung von Wasser im Alltag existieren zwar, doch sie haben bislang nur geringen Effekt. In luxuriösen Vierteln fließen weiter Springbrunnen und werden Golfplätze bewässert, während Behörden auf Kampagnen setzen, die die Bevölkerung zu einem sparsameren Umgang anhalten sollen.
Trotz gigantischer Öleinnahmen, Milliardeninvestitionen und einer Skyline, die den Reichtum des Landes sichtbar macht, bleiben die zentralen Maßnahmen für Klimaschutz und Anpassung im Land nur kleines Stückwerk – und genau darin liegt die größte Diskrepanz der Emirate.
Neben der inneren Energiewende ist die Rolle der Emirate in der OPEC+, also dem Zusammenschluss der Erdöl exportierenden Länder und ihrer Partner, ein gegengewichtig. Die Emirate sind dort ein wichtiger Akteur, weil sie ihre Förderkapazitäten seit Jahren ausbauen. Erst im Sommer 2025 gab es wieder Debatten um Fördermengen, die Emirate drängten auf höhere Quoten, um ihre Investitionen auszuschöpfen. Damit machen sie deutlich, dass sie Öl nicht von heute auf morgen aufgeben werden.
Auch international sichern sie sich ab. Über den Staatsfonds Mubadala und den Klimafonds ALTÉRRA fließen Milliarden in erneuerbare Energien weltweit. Mit Partnern wie Brookfield oder BlackRock investieren die Emirate in Solar- und Windprojekte in Asien, Afrika und Lateinamerika. Das dient einerseits dem eigenen Image, andererseits dem Aufbau neuer Einnahmequellen.
Kritiker fragen, ob beides zugleich geht: Im Inland Öl fördern und im Ausland Solarparks bauen. Die Regierung verweist darauf, dass die Einnahmen aus dem Öl heute nötig sind, um die Investitionen von morgen zu finanzieren. Tatsächlich zeigen die Fakten ein anderes Bild: Hinter den großen Versprechen steht vor allem ein Geschäftsmodell, das den Ausstieg aus dem Öl nicht beschleunigt, sondern verzögert. Die Emirate nutzen Investitionen in erneuerbare Energien vor allem als Versicherung für die Zeit, wenn die eigenen Ölreserven nicht mehr tragen – während sie im Inland weiter auf fossile Einnahmen setzen und so die nötige Transformation verschleppen.
Menschenrechte, Pressefreiheit und die Macht der Gesetze
Die humanitäre Lage in den Emiraten zeigt ein Spannungsfeld, das von außen oft schwer zu begreifen ist. Einerseits gilt das Land als modern, sicher und wohlhabend, andererseits sind grundlegende Rechte und Freiheiten eng begrenzt. Wer hier lebt, kann auf geordnete Städte, niedrige Kriminalität und einen funktionierenden Alltag vertrauen. Doch sobald es um politische Mitsprache oder öffentliche Kritik geht, stoßen Menschen schnell an harte Grenzen.
Besonders deutlich wurde das im Massenprozess im Frühjahr 2025. Dutzende Angeklagte wurden wegen angeblicher Bedrohung der Staatssicherheit zu langen Haftstrafen verurteilt. Internationale Beobachter sahen darin weniger ein normales Strafverfahren, sondern ein politisches Signal. Die Regierung betonte hingegen, es gehe um Stabilität und Schutz der Gesellschaft. Der Prozess zeigte, wie schmal der Grat ist, auf dem jede Form von Opposition steht.
Die Pressefreiheit ist ähnlich eng umrissen. Klassische Medienhäuser sind in staatlicher Hand oder stark reglementiert, unabhängiger Journalismus existiert kaum. Online werden Inhalte überwacht, kritische Beiträge können zur Festnahme führen. Internationale Indizes setzen das Land deshalb regelmäßig ans untere Ende, wenn es um Presse- und Meinungsfreiheit geht. Auch ausländische Korrespondenten berichten davon, dass sie rasch an Grenzen stoßen, sobald sie über heikle Themen schreiben.

Das Rechtssystem der Emirate ist ein Hybrid. Es basiert überwiegend auf staatlichen Gesetzen, die über Jahre schriftlich festgelegt und modernisiert wurden. Gleichzeitig fließen Elemente der Scharia – des islamischen Rechts – weiterhin ein, vor allem im Familienrecht (Ehe, Scheidung, Erbschaft) und in bestimmten Bereichen des Strafrechts. So können etwa Vergehen wie Alkoholkonsum ohne Lizenz oder außereheliche Beziehungen nach Scharia-Regeln verfolgt werden. Praktisch bedeutet das: Wer Alkohol trinkt, ohne die staatlich erforderliche Genehmigung, riskiert Geldstrafen oder Gefängnis, auch wenn die Behörden die Vorschriften in den letzten Jahren gelockert haben. Bei außerehelichen Beziehungen kann das Gesetz auf Freiheitsstrafen oder Ausweisung zurückgreifen; in schweren Fällen sieht die Scharia sogar Körperstrafen vor. In den Emiraten werden solche Strafen jedoch in der Regel durch Haft- oder Geldstrafen ersetzt, sodass die Anwendung moderater wirkt, auch wenn die rechtliche Grundlage religiös bleibt. Damit entsteht ein Spannungsfeld: Einerseits präsentiert sich das Land als moderner Rechtsstaat, andererseits behalten religiös begründete Normen Einfluss, was für ausländische Bewohner und Besucher mitunter schwer vorhersehbare Folgen haben kann.
Zur Rechtslage gehört auch die Todesstrafe. Sie ist weiterhin im Strafgesetzbuch verankert, insbesondere für schwere Verbrechen wie Mord oder Terrorismus. Vollstreckungen sind selten, doch sie kommen vor und werden kaum öffentlich gemacht. Informationen gelangen meist nur über offizielle Kurzmeldungen oder über internationale Beobachterberichte nach außen. Gleichzeitig werden bei politischen oder gesellschaftlichen Delikten harte Strafen verhängt, oft unter Verweis auf die nationale Sicherheit.
Frauen haben in den letzten Jahren rechtlich mehr Möglichkeiten bekommen. Sie dürfen Auto fahren, studieren, arbeiten, Unternehmen gründen und auch politische Posten besetzen. Rund die Hälfte der Hochschulabsolventen sind Frauen, im Bundesrat – dem Federal National Council – wurde 2019 per Gesetz eine Quote von 50 Prozent eingeführt. Auch in Ministerämtern sind Frauen vertreten.
Dennoch bestehen Einschränkungen. Im Familienrecht gilt auch 2025 weiterhin in Teilen die Scharia. Das bedeutet: Bei Erbschaften bekommen Frauen in der Regel nur die Hälfte des Anteils von Männern. Auch bei Scheidung und Sorgerechtsfragen haben Männer oft die stärkere Position. Hinzu kommt, dass Vergehen wie „außereheliche Beziehungen“ Frauen härter treffen können als Männer, weil sie gesellschaftlich stärker unter Druck geraten.
Im Alltag hängt die Situation stark vom sozialen Umfeld ab. In Dubai oder Abu Dhabi leben viele Frauen relativ selbstbestimmt und modern. In konservativeren Emiraten wie Ras al-Khaimah oder Schardscha sind die Erwartungen traditioneller. Internationale Organisationen wie Human Rights Watch kritisieren, dass die Gleichberechtigung auf dem Papier schneller wächst als in der Praxis.
Flüchtlinge spielen in den Emiraten keine Rolle. Es gibt weder ein Asylgesetz noch dauerhafte Aufnahmepolitik, und auch Flüchtlingslager existieren nicht. Stattdessen beschränkt sich das Engagement des Landes auf Hilfsprogramme im Ausland und die kurzfristige Unterbringung von Evakuierten, die später in Drittstaaten weiterreisen. Damit grenzen sich die Emirate bewusst ab und steuern Migration fast ausschließlich über Arbeitsvisa, während humanitäre Verantwortung in die Nachbarländer ausgelagert wird.
Im Ergebnis entsteht ein Bild, das von starken Gegensätzen lebt. Sicherheit und Wohlstand stehen neben enger Kontrolle, moderner Fassade und repressiven Strukturen. Für viele mag dieses Gleichgewicht akzeptabel erscheinen, weil es Stabilität garantiert. Doch für jene, die es betrifft, bedeutet es ein Leben auf einem schmalen Grat – und eröffnet den Blick auf ein weiteres zentrales Thema, das das Land wie kaum ein anderes prägt: die Rolle der Migration und die Lage der Menschen, die zum Arbeiten oder zum Vermögensaufbau hierherkommen.
Zwei Welten im Inneren: Wohlstandsmagnet und Arbeitsmigrant:innen
Die Einwanderung prägt das Land stärker als alles andere. Wer heute in die Emirate kommt, gehört meist zu einer von zwei Gruppen: den Reichen, die ihr Vermögen absichern wollen, und den Armen, die es mit harter Arbeit verdienen müssen.

Oben die sehr Vermögenden, die mit Golden Visa und Family Offices in Wasserblick-Apartments ziehen, Yachten an Marinas festmachen und ihre Kinder auf internationale Schulen schicken. Unten die vielen, die den Alltag am Laufen halten: Bauarbeiter, Fahrerinnen, Kellner, Kurierfahrer, Haushaltshilfen. Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung bleibt die Zahl der sehr Reichen klein, im Stadtbild und in den Preissignalen sind sie jedoch übergroß sichtbar: Luxusquartiere definieren Mieten, Konsum und Standards, an denen die Mehrheit nie teilhaben wird.
Ein kurzer Blick in zwei Lebenswirklichkeiten macht das greifbar. Da ist Lina, eine Haushaltshilfe aus Südostasien, die um fünf Uhr früh aufsteht, damit drei Kinder pünktlich zur Schule kommen, die Wäsche läuft und das Mittagessen fertig wird. Sie verdient den Gegenwert von einigen Hundert Dollar im Monat, bekommt ein kleines Zimmer und einen freien Tag pro Woche. Am Abend schickt sie Geld nach Hause. Ein paar Kilometer weiter sitzt Karim, ein Vermögensverwalter, der über ein Golden Visa verfügt, in einem verglasten Büro. Er verhandelt Beteiligungen, während sein Chauffeur unten wartet. Für beide heißt das Wort „Sicherheit“ etwas völlig anderes: Für Lina bedeutet es, dass der Lohn pünktlich kommt und der Pass nicht einbehalten wird. Für Karim heißt es, dass Regeln berechenbar sind, Verträge gelten und sein Vermögen wächst.
Für die breite Masse der Arbeitsmigranten gilt ein dichtes Netz an Vorschriften. Arbeitsverträge müssen registriert werden, Löhne laufen über das Wage Protection System (WPS), damit Zahlungen nachvollziehbar sind. Passkonfiszierungen und heimliche Rekrutierungsgebühren sind verboten, kommen aber vor – häufig verlagern sich die Gebühren in die Herkunftsländer. Es gibt ein Recht auf End-of-Service-Benefits (Abfindung am Vertragsende), gesetzliche Mittagspausen in der heißen Jahreszeit und Beschwerdekanäle beim Arbeitsministerium. In der Praxis entscheidet jedoch oft die Durchsetzung: Wer die Sprache nicht spricht, Angst um sein Visum hat oder auf dem Dorf Kredit aufgenommen hat, um die Anreise zu finanzieren, meidet Konflikte.
Finanziell klaffen die Welten weit auseinander. Bauarbeiter verdienen häufig zwischen umgerechnet wenigen Hundert bis etwas über 500 US-Dollar im Monat, abhängig von Qualifikation, Zulagen und Arbeitgeber. Haushaltshilfen liegen oft darunter, teils mit Unterkunft und Verpflegung als Sachleistung. Am anderen Ende verdienen einheimische Beschäftigte im öffentlichen Dienst und hochqualifizierte Expats ein Vielfaches; dazu kommen Wohnzuschüsse, Gesundheitsleistungen und schulische Vorteile für Kinder. In Summe prägen niedrige Grundlöhne, hohe Lebenshaltungskosten und teure Mieten den Druck am unteren Ende—während an der Spitze Vermögen, Zugang und die Steuerfreiheit die Anreize setzen.
Beim Sozialschutz ist das Bild gemischt. In Abu Dhabi und Dubai müssen Arbeitgeber in der Regel Krankenversicherung bereitstellen; in anderen Emiraten werden solche Pflichten schrittweise ausgeweitet. Das System zur Arbeitslosenversicherung (ILOE) bietet eine Basissicherung für viele formell Beschäftigte, ausgenommen sind jedoch unter anderem Haushaltshilfen und bestimmte temporäre Gruppen. Wer in Wohnheimen der Unternehmen lebt, ist zusätzlich von deren internen Regeln abhängig; Verbesserungen bei Unterbringungsstandards gibt es, aber Kontrollen sind ungleichmäßig.
Rechtlich ist vieles geregelt, aber nicht alles wirksam. Gewerkschaften sind nicht zugelassen, kollektive Arbeitskämpfe kaum möglich. Beschwerden bei MoHRE (Arbeitsministerium) können Löhne sichern, dauern jedoch und erfordern Mut. In der Bauwirtschaft existieren Sicherheitsvorschriften, doch Arbeitsunfälle und Hitzestress bleiben heikle Themen, weil verlässliche, öffentlich zugängliche Statistiken rar sind. Wer strittige Forderungen hat und das Visum verliert, steht schnell vor der Wahl: nachgeben oder ausreisen.

Die sichtbare Vermögenselite prägt den Takt des Marktes—von Penthousepreisen über Schulgelder bis zur Nachfrage nach Luxusgütern. Ihre geringe Zahl täuscht darüber hinweg, wie stark sie die Kostenstruktur anhebt. Für viele Migranten bedeutet das, dass der Lohn zwar die Familie daheim ernährt, im Gastland aber kaum zum Vermögensaufbau reicht. So leben beide Realitäten nebeneinander: die Stadt der Rooftops, Lobbys und Privatkliniken—und die Stadt der Werksbusse, Sammelunterkünfte und langen Schichten.
Am Ende bleibt eine einfache, harte Gleichung. Ohne die Arbeitsmigranten stünde der Alltag still: keine Türme, keine Restaurants, kein Lieferverkehr, keine gepflegten Parks. Ohne die Vermögenden fehlte Kapital, Nachfrage und internationales Interesse. Das Land lebt von beiden—doch es verteilt Rechte, Sicherheit und Anerkennung ungleich. Wer diese innere Lage verstehen will, muss beides sehen: die glänzende Kulisse und die vielen Hände, die sie im Takt halten.
Außenpolitik und Außenhandel: Einfluss, Partner, Linien
Die Vereinigten Arabischen Emirate sind ein kleines Land mit großer außenpolitischer Reichweite. Die Führung setzt dabei auf ein zentrales Prinzip: im Inneren Sicherheit gewährleisten und nach außen Zugang zu Märkten und Einfluss sichern. Daraus ergibt sich ein Kurs, der bewusst auf vielen Gleisen zugleich fährt. So gibt es eine enge Militärpartnerschaft mit den USA, wachsende Wirtschaftsbeziehungen zu China, die Mitgliedschaft bei den BRICS-Staaten und seit 2020 die Normalisierung der Beziehungen zu Israel durch die Abraham-Abkommen. Diese Vereinbarungen stehen für mehrere Abmachungen, mit denen Israel, die Emirate, Bahrain und später weitere Staaten erstmals offiziell diplomatische Beziehungen aufnahmen. Für die Emirate öffnete sich damit ein neuer Markt – von Hightech bis Tourismus – und zugleich die Chance, internationalen Einfluss zu gewinnen.
Im Golfraum stehen die Emirate nicht an der Spitze eines religiösen Blocks, sondern verfolgen vor allem das Ziel der Stabilität. Das Land ist mehrheitlich sunnitisch, es gibt jedoch auch eine kleinere schiitische Minderheit, vor allem in Dubai und Schardscha. Politisch prägend ist seit Jahren die harte Haltung gegen islamistische Bewegungen, besonders gegen die Muslimbruderschaft, die 2014 offiziell als Terrororganisation eingestuft wurde. Diese Grundhaltung erklärt, warum die Emirate in Ländern wie Ägypten oder Libyen säkulare Kräfte unterstützen und islamistische Gruppen bekämpfen.
Mit Iran halten die Emirate trotz politischer Spannungen einen praktischen Gesprächskanal offen. In Dubai sind iranische Firmen seit Jahrzehnten präsent, und der bilaterale Handel ist wichtig. Gleichzeitig bleibt der Streit um die drei Inseln Abu Musa, Große Tunb und Kleine Tunb ungelöst. Diese kleinen Inseln im Persischen Golf wurden 1971, kurz vor der Unabhängigkeit der Emirate, von iranischen Truppen besetzt. Die Emirate beanspruchen sie bis heute als ihr Territorium, während Iran jede Diskussion darüber ablehnt. Für beide Seiten hat die Frage Symbolkraft, weil die Inseln in einer strategisch sensiblen Wasserstraße liegen.
Im Jemen haben die Emirate lange Zeit Truppen eingesetzt, vor allem im Süden des Landes. Dort unterstützten sie den Südübergangsrat, der eine Abspaltung des Südjemen von der Zentralregierung anstrebt. Ziel war es, den Einfluss der Huthi-Bewegung zurückzudrängen und zugleich die eigenen Interessen an den Seewegen im Golf von Aden und am Roten Meer zu sichern. Offiziell wurden die Truppen 2019 abgezogen, doch über Waffenlieferungen, Ausbildung und finanzielle Hilfe bleibt Abu Dhabi bis heute im Spiel.
Die Angriffe der Huthi-Miliz auf Handelsschiffe im Roten Meer, die seit Ende 2023 zunahmen und 2024 mehrfach internationale Schlagzeilen machten, hatten auch direkte Folgen für die Emirate. Betroffen waren Tanker und Containerschiffe, teilweise mit Ziel oder Herkunft in Häfen wie Jebel Ali oder Fujairah. Viele Reedereien wählten daraufhin den langen Umweg um Afrika. Auch 2025 bleiben Versicherungsprämien hoch und etliche Routen umgestellt – das Thema ist also weiterhin relevant. Außenpolitik und Außenhandel sind hier unmittelbar miteinander verknüpft.
Mit den Abraham-Abkommen begannen 2020 direkte Beziehungen zwischen den Emiraten und Israel. Seither gibt es gemeinsame Projekte in Handel, Technologie und Tourismus. Doch seit Beginn des Gaza-Krieges ist dieses Verhältnis brüchiger geworden. Die Emirate schickten Hilfslieferungen nach Gaza, forderten international ein Ende der Kämpfe und warnten, dass eine Annexion im Westjordanland eine „rote Linie“ wäre. Damit machen sie klar: Kooperation mit Israel ja, aber nicht um jeden Preis.
Im Sudan werfen die Übergangsbehörden den Emiraten vor, die Rapid Support Forces (RSF) unterstützt zu haben. Diese paramilitärische Truppe ging ursprünglich aus der Dschandschawid-Miliz hervor und kämpft seit 2023 gegen die reguläre Armee um die Macht im Land. Die Vorwürfe lauten, dass über emiratische Firmen Waffen oder Logistik bei den RSF gelandet seien. Abu Dhabi weist das zurück und betont, ausschließlich humanitäre Hilfe zu leisten. Weil die Vorwürfe schwer wiegen, brachte der Sudan 2025 den Fall vor den Internationalen Gerichtshof. Schon die Anklage belastet das Bild der Emirate als neutraler Vermittler und erhöht den Druck westlicher Partner.

Seit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine haben viele russische Firmen und Vermögende Geld in die Emirate gebracht. Das stärkte kurzfristig den Finanzplatz, rief aber die USA und die EU auf den Plan. Sie forderten strengere Kontrollen, um den Weiterverkauf von Technologie an Russland zu verhindern. Abu Dhabi betont, Exportregeln verschärft und verdächtige Lieferungen gestoppt zu haben. Für die Rolle als globaler Handelsplatz gilt: Offenheit funktioniert nur, wenn die Sanktionsregeln eingehalten werden.
Mit Katar haben die Emirate nach der Blockadepolitik die Beziehungen wieder normalisiert, Botschaften wurden neu eröffnet. Mit der Türkei wandelte sich offener Streit zu enger Partnerschaft: Milliardenschwere Investitionen und ein Freihandelsabkommen prägen heute das Verhältnis. Das Muster wiederholt sich: Rivalitäten treten in den Hintergrund, wenn wirtschaftliche Kooperation Vorteile bringt.
Der Nicht-Öl-Handel erreichte 2024 einen Rekordwert von drei Billionen Dirham. Abkommen mit Indien, der Türkei und Verhandlungen mit weiteren Partnern zeigen den Kurs: weniger Abhängigkeit vom Öl, mehr Diversifizierung über Handel. Staatsunternehmen wie DP World oder AD Ports sichern wichtige Häfen und Logistikknoten, während die großen Staatsfonds Anteile an Infrastrukturprojekten in Asien und Afrika erwerben. So wird Außenhandel zum wichtigsten Werkzeug, um wirtschaftlichen Einfluss zu sichern.
Am Ende gilt: Die Außenpolitik der Emirate funktioniert vor allem, weil Öl, Gas und Milliardenreserven sie zu einem unverzichtbaren Handelspartner machen – nicht, weil das Land eigene politische Stärke oder Prinzipien ausstrahlt.
Ein wohl müsiger Ausblick
Die Emirate stehen wirtschaftlich stark da. Öl- und Gaseinnahmen sichern Reserven in Billionenhöhe, die Staatsfonds zählen zu den mächtigsten der Welt, und die kleine einheimische Bevölkerung lebt materiell auf hohem Niveau. Doch genau diese Stärke birgt ein Risiko: Sie verführt dazu, notwendige Veränderungen aufzuschieben. Während die Wolkenkratzer glänzen und neue Handelsabkommen gefeiert werden, bleiben die drängendsten Fragen offen.
Die größte davon ist der Klimaschutz. Trotz vollmundiger Zusagen, bis 2050 klimaneutral zu werden, setzt das Land weiterhin auf fossile Einnahmen als Lebensader. Solar- und Windprojekte wachsen, aber ihr Anteil am Strommix bleibt bescheiden. Ein ernsthafter Kurswechsel würde bedeuten, nicht nur Prestigeprojekte zu errichten, sondern in großem Maßstab erneuerbare Energien auszubauen, Energiesparen zur nationalen Priorität zu machen und den verschwenderischen Umgang mit Ressourcen zu beenden. Stattdessen geht es weiter darum, mit Öl Gewinne zu erzielen und gleichzeitig im Ausland mit grünen Investitionen ein sauberes Bild abzugeben.
Die zweite große Herausforderung liegt im Wertefundament des Staates. Nach außen präsentiert man sich modern, tolerant und weltoffen. Nach innen bleiben Kritik, unabhängige Medien und politische Mitsprache weitgehend ausgeschlossen. Die humanitäre Bilanz ist von Widersprüchen geprägt: Für Bürger bedeutet der Staat Stabilität und Wohlstand, für Millionen Arbeitsmigranten harte Arbeit bei geringen Rechten. Solange dieses Ungleichgewicht besteht, bleibt auch die Offenheit eine Fassade.
Ob die Emirate im kommenden Jahr bereit sind, aus Wohlstand wirkliche Verantwortung für Klima und Werte abzuleiten, bleibt höchst fraglich. Alles spricht dafür, dass Reichtum und Image im Vordergrund stehen, während strukturelle Veränderungen weiter aufgeschoben werden.

Das Lachen der anderen Kinder klingt Mariam noch in den Ohren. Fast alle hatten Tiere gemalt, bunte Häuser oder Palmen am Strand. Nur sie hatte ein großes Kraftwerk gezeichnet, mit hohen Türmen und klaren Linien. Sie wusste selbst nicht genau, warum sie es gemalt hatte, nur dass es in ihrem Kopf war, seit ihr Vater von den neuen Reaktoren erzählt hatte.
Auf dem Heimweg denkt sie darüber nach. Die Luft fühlt sich schwer an, als läge ein Tuch über der Stadt. Oft brennt die Sonne so stark, dass sie kaum draußen spielen kann. Vielleicht, so glaubt sie, würden diese Kraftwerke dafür sorgen, dass es nicht mehr jeden Tag so drückend heiß wird.
Zu Hause legt sie das Bild auf ihren Schreibtisch. Sie betrachtet es lange und stellt sich vor, wie es wäre, wenn sie an Nachmittagen einfach wieder fangen spielen könnte, ohne dass ihr schon nach ein paar Minuten der Kopf schwirrt. Dieses Bild, mit diesem komischen Gebäude und den runden Türmen, hält irgendwie ihre Gedanken fest. Gedanken an die wenigen Sommertage, an denen Spielen noch leicht ist.
Quellenliste mit Links
Einleitung & Lageüberblick
- Internationaler Währungsfonds (IMF) – World Economic Outlook April 2025
https://www.imf.org/en/Publications/WEO - Reuters – Allgemeine Lageberichte, innen- und außenpolitische Entwicklungen 2024/2025
https://www.reuters.com/
Staatsform und politische Struktur
- UAE Government Portal – Verfassungsordnung, Föderaler Nationalrat, Präsidialsystem
https://u.ae/ - Reuters / BBC – Berichte zur Rolle von Sheikh Mohamed bin Zayed Al Nahyan
https://www.bbc.com/
Innenlage: Gesellschaft, Recht, Verwaltung
- UAE Government Portal – Golden Visa, Arbeitslosenversicherung (ILOE)
https://u.ae/ - Reuters – Lebenshaltungskosten, Inflationstrends 2024/2025
https://www.reuters.com/
Wirtschaft, Finanzplätze, Zahlen
- IMF – Daten zu BIP, CPI, Leistungsbilanz
https://www.imf.org/en/Publications/WEO - DIFC – Jahresberichte und H1/H2-Statistiken
https://www.difc.ae/ - ADGM – Registrierungen und Wachstumsdaten
https://www.adgm.com/ - FATF – Streichung von der grauen Liste (Februar 2024)
https://www.fatf-gafi.org/ - EU (EUR-Lex) – VO 2025/1184, Hochrisikoliste (Juli/August 2025)
https://eur-lex.europa.eu/
Energie, OPEC+, Strommix
- S&P Global – ADNOC-Kapazitäten, OPEC+-Beschlüsse
https://www.spglobal.com/ - World Nuclear Association – Barakah-Kernkraftwerk, Inbetriebnahme Unit 4
https://world-nuclear.org/ - ENEC – Leistungsdaten Barakah
https://www.enec.gov.ae/ - Masdar – Pipeline Solar- und Windprojekte
https://masdar.ae/ - ALTÉRRA Climate Fund – Internationale Investitionen
https://www.alterra.com/
Klimawandel und Anpassung
- National Center of Meteorology (UAE) – Temperaturanstieg, Extremwetter 2024/2025
https://www.ncm.gov.ae/ - UNFCCC / COP28-Dokumentation – Klimaneutralitätsziel 2050
https://unfccc.int/
Menschenrechte, Pressefreiheit, Rechtssystem
- Human Rights Watch – Berichte zu Massenprozessen, Arbeitsmigranten
https://www.hrw.org/ - Amnesty International – Jahresberichte zu Menschenrechten in den Emiraten
https://www.amnesty.org/ - Reporters Without Borders – Pressefreiheitsindex
https://rsf.org/ - Middle East Eye / Al Jazeera – Repressionen, Überwachung (Pegasus)
https://www.middleeasteye.net/
https://www.aljazeera.com/
Migration und Arbeitsmigranten
- ILO – Arbeitsrechtliche Standards, ILOE-Versicherung
https://www.ilo.org/ - HRW – Bedingungen für Bauarbeiter, Löhne, Rechte
https://www.hrw.org/ - UAE Government Portal – Golden Visa-Regelungen
https://u.ae/
Außenpolitik und Außenhandel
- Reuters – Abraham-Abkommen, UN-Generalversammlung 2025, Gaza-Krieg
https://www.reuters.com/ - BBC – Drei-Inseln-Streit (Abu Musa, Greater/Lesser Tunb)
https://www.bbc.com/ - Al Jazeera – Rolle im Jemen, Sudan, RSF-Vorwürfe
https://www.aljazeera.com/ - DP World – Routenänderungen Red Sea, Statements
https://www.dpworld.com/
Infrastruktur & Verkehr
- Etihad Rail – Projektinformationen Passagierstart 2026
https://www.etihadrail.ae/ - Dubai Airports – Baufortschritte Al Maktoum International Airport
https://www.dubaiairports.ae/
Tourismus
- Dubai Department of Economy and Tourism – Tourismuszahlen 2024/25
https://www.dubaitourism.gov.ae/ - Reuters – Berichte zu internationalen Besucherzahlen
https://www.reuters.com/

